Bahnbau 1909 bis 1912

 

in Meineringhausen

 

 

 

 

 

Tunnel, Melm-Einschnitt, Lukasköppel

 

 

 

 

 

 

 

Zusammengestellt von Wilhelm Schäfer

 

Dezember 2014

 

 

 

 

 

 

 

 

Fährt man auf dem herrlichen Radweg der ehemaligen Bahnstrecke von Korbach in Richtung Meineringhausen, durchquert man nach

ca. 3 km den sogenannten Melmeinschnitt, der in den 75 Meter langen Melmtunnel mündet. Gleich hinter dem Tunnel erblickt man links einen großflächigen Hügel, den Lukasköppel. Dieser Hügel entstand beim Bahnbau durch Aufschütten von Erd-und Gesteinsmassen, welche beim Herstellen der Bahndämme nicht unterzubringen waren. Benannt wurde dieser Hügel nach dem Regierungsbaumeister Lukas, welcher für diesen Bahnstreckenabschnitt verantwortlich war, also deshalb Lukasköppel (Köppel steht für Hügel). Melmeinschnitt und Lukasköppel sind durch ihre Entstehung eng miteinander verbunden. Das versuche ich mit den folgenden Zeilen zu erkären.

Im Oktober des Jahres 1909 rückten die ersten Bauarbeiter der Firma Grastorf aus Kassel an, um auf dem Gebiet der Gemeinde Meineringhausen mit dem Bahnbau zu beginnen. Aber schon viele Jahre vorher hatte sich der Gemeinderat mit dem Bahnbau beschäftigt.

Schon 1888 wurden 600 Mark für den geplanten Bahnbau bewilligt.

1906 wurden für die Vermessung der Strecke auf dem Gemeindegebiet 200 Mark bewilligt.

1908 wurde der Bau des Tunnels durch den Melm vom Gemeinderat genehmigt, ebenso die kostenlose Abtretung von Land für den Bahnbau.

 

Der Bau der Bahnstrecke durch die Gemarkung Meineringhausen nahm natürlich längere Zeit in Anspruch, ging aber doch zügig voran. Beschäftigt waren nicht nur einheimische Männer, sondern in fast größerer Anzahl Ausländer, u.a. Italiener, Polen und Jugoslawen. Die Italiener waren vorzugsweise als Maurer tätig für die Brücken und auch am Melm-Tunnel.

Beim Bau des Tunnels und des Melm-Einschnitts war viel Erdboden zu bewegen, dazu bediente man sich kleiner Feldeisenbahnen, deren Gleise sich über mehrere Kilometer erstreckten. Auf diese Weise konnten die anfallenden Erd-und Gesteinsmassen mit Kipploren, gezogen von kleinen Loks, zum Aufschütten des Bahndamms zwischen Tunnel und Bahnhof Meineringhausen benutzt werden. Der Tunnel sollte nach den ersten Planungen eine Länge von 360 Metern haben. Man entschied sich aber für die Erhöhung des Bahnkörpers von Korbach her um 2 Meter, sodass man nunmehr mit einer Tunnellänge von 75 Metern auskam. Vom Tunnel in Richtung Korbach wurde der Melmeinschnitt vorangetrieben. Dieser Melmeinschnitt entwickelte sich, wie im August 1911 in der Corbacher Zeitung zu lesen war, zum Schmerzenskind der Bahnstrecke Buhlen – Korbach. Galt es doch, sehr große Mengen an Boden durch Handarbeit und einen Bagger abzutransportieren. Immer wieder kam es zu Nachrutschungen, auch Kipploren und Bagger wurden verschüttet. Ein Großteil der Erd- und Gesteinsmassen des Melmeinschnitts wurden zum Aufschütten des riesigen Werbedamms zwischen Meineringhausen und Höringhausen verwandt. Für das restliche Material brauchte man nun dringend einen Platz zum dauerhaften Ablagern. Man wurde direkt neben dem Tunnel fündig, der Bauer Schwieder erlaubte das Ablagern auf einem ca. 1 ½ Morgen großem Grundstück.

 

3 Monate nach der Eröffnung der Bahnstrecke kam es im Melmeinschnitt mehrfach zu ganz erheblichen Böschungseinstürzen, auch diese Geröllmassen konnte man auf dem Lukasköppel ablagern, und so wuchs er zu seiner heutigen Größe.

Nach den Böschungseinstürzen war der Zugverkehr nur durch Umsteigen möglich. Der von Meineringhausen kommende Zug fuhr bis kurz vor den Tunnel, dort stiegen die Fahrgäste aus und gingen über eine Treppe zur höher liegenden Straße. Von dort ging es mit Bussen bis zur anderen Seite des Melmeinschnitts, hier wartete ein Zug, der die Fahrgäste wieder aufnahm.

 

 

 

Die Korbacher Zeitung hat während der Bauzeit der Eisenbahnstrecke immer wieder über den Baufortschritt, aber auch über die sich ergebenden Schwierigkeiten, insbesondere beim Melm-Einschnitt, berichtet. Es folgen Originalberichte der Zeitung.

 

Sachsenhausen, 11. September 1909

Auf der Eisenbahn-Baustrecke zwischen hier und Höringhausen wird emsig gearbeitet. Drei Lokomotiven sind tätig, eine auf dem Bahnhof Höringhausen, eine bei Hof Heide und die dritte bei dem Tunnel vor Sachsenhausen. Verschiedene Kantinen werden augenblicklich errichtet.

 

Corbach, 21. September 1909

Dem Vernehmen nach ist das 9. Los der Eisenbahnstrecke Corbach-Buhlen ( von dem Werbetale bis zu den Corbacher Gärten ) der Firma Grasdorf-Cassel, welche auch das 7. Los baut, zugeschlagen worden. Die Vergebung des 10. Loses (Corbach-Bahnhof und Anschluß) wird später erfolgen. Die Angebote für erstere Arbeit sollen zwischen ca. 900 000 und 1 300 000 Mark varieren.

 

Corbach, 5. Oktober 1909

Mit dem Bau des Tunnels durch den „Melm“ (zwischen Corbach und Meineringhausen) ist in voriger Woche begonnen worden. Wie bekannt, wird die Fertigstellung der Eisenbahn Buhlen-Corbach beschleunigt. Der Unternehmer des 9. Loses, Herr Grasdorf-Cassel, wird wohl auch den Rest der Strecke, das 10. Los (Bahnhof Corbach) übernehmen. Auch in der Nähe von Corbach ist am heutigen Montag der Bahnbau in Angriff genommen worden.

 

Meineringhausen, 5. Oktober 1909

Infolge des Zudranges vieler fremder Bahnarbeiter in unserem Dorfe ist die Tanzbelustigung zur Kirmeßfeier am Sonntag hier behördlich verboten worden.  Die bitteren Erfahrungen, sie man in den Ederdörfern gemacht hat, rechtfertigen vollständig diese Vorsichtsmaßregel.

 

Corbach, 9.Oktober 1909

Zur Beschleunigung der Erdbewegung bei dem Bahnbau Corbach-Buhlen ist in der Nähe der Stadt ein Bagger eingestellt. Auf der ganzen Strecke arbeiten jetzt auf den Losen des Unternehmers Graßdorf 3 solche Maschinen.

 

Corbach, 12. Oktober 1909

Wie aus dem Eingesand in der letzten Nummer dieser Zeitung hervorgeht, beabsichtigt die Eisenbahnbehörde, den bei der Bahnmeisterei ursprünglich vorgesehenen Tunnel nicht auszuführen. Ist diese Nachricht zutreffend, so muß ein jeder Mensch, der Einblick in die Verhältnisse hat, sagen: Der Minister hat damit die einzig richtige Entscheidung getroffen. Nachdem bereits bei der Klapp´schen Gärtnerei eine unumgänglich notwendige Straßenunterführung geplant ist, ist eine weitere Unterführung in Gestalt eines Tunnels oder eines Straßeneinschnittes in unmittelbarer Nähe davon bei der Bahnmeisterei des Guten wirklich zuviel. Wenn man beachtet, daß die letztere Unterführung nur den Fußgängerverkehr nach dem Kornhaus, dem Industriewerk und Berndorf vermitteln soll, der mit nur einem geringen Umweg auf einer bei den Strauch`schen Felsenkeller vorbeiführenden 14 Meter breiten Straße bequem abgewickelt werden kann, so leuchtet ein, daß die 20000 Mark übersteigenden Kosten des Tunnels bei der Bahnmeisterei sehr wohl gespart werden können. Die Leute, welche von dem Industriewerk nach der Stadt wollen, müßten nach der Durchschreitung des Tunnels entweder auf die Bahnhofstraße zurück, und machen hierdurch ebenfalls einen Umweg, oder sie haben die Wahl, die breit und bequem anzulegende Straße, welche vom Strauch`schen Eiskeller zwischen dem Welteke`schen Hause und der Strauch`schen Wirtschaft in die Stadt münden soll, dorthin zu gelangen. Ich glaube, daß sie den letzteren Weg mit Rücksicht auf den starken Verkehr in der Bahnhofstraße vorziehen werden. Dann wäre der Zweck des Tunnel überhaupt verfehlt, denn um auf die bei der Welteke`schen Villa einmündende Straße zu gelangen, können die Fußgänger von Berndorf und der Fabrik her die bei dem Kornhause beginnende in die letztere auslaufende Straße benutzen. Es ist auch im Interesse der Anlieger der Bahnhofstraße mit Freuden zu begrüßen, wenn letztere durch die Ablenkung des Fußgängerverkehrs entlastet wird. Der Verkehr wird nach dem Ausbau der Bahn, insbesondere später nach Fertigstellung der Bahn Corbach-Brilon, die für einen solchen Verkehr nicht eingerichtete Bahnhofstraße derartig belasten, daß die wenigen Geschäftsleute auch so noch ihren guten Verdienst finden werden. (In Frage kommen übrigens nur 2 Geschäfte, die bereits vor Errichtung des Peter`schen Werkes bestanden; die am anderen Ende liegenden Geschäfte sind von den Fußgängern auch von der anderen Straße zu erreichen.) Die Privatleute aber, die an der Bahnhofstraße wohnen, können sich freuen, wenn auf diese Weise der Verkehr an der Bahnhofstraße, der sich schon jetzt recht unliebsam bemerkbar macht, vermindert wird. Der Wert der Miethäuser wird zweifellos durch den starken Verkehr beeinträchtigt, denn wer möchte als Privatmann an einer Straße wohnen, an der ein starker Verkehr mit Lärm und Staub von früh bis spät abends vorüberbraust! Für die Entscheidung des Ministers spricht zweifellos auch die begründete Besorgnis, daß ein Tunnel oder eine andere Bahnüberführung in unmittelbarer Nähe der Bahnhofsanlagen die Betriebssicherheit gefährden wird, und ob diese Einrichtung aus andern Grünen technisch ausführbar erscheint, ist noch sehr die Frage. Es sind also zahllose berechtigte Gründe, die für den ministeriellen Entschluß sprechen, gewiß auch noch andere, die sich der Kenntnis des Publikums entziehen. Hoffentlich bleibt es bei der getroffenen Entscheidung!

 

Corbach, 14. Oktober 1909

Die in nächster Nähe der Stadt jetzt begonnenen Arbeiten an der Bahn Corbach-Buhlen bieten bei den zahlreichen Besuchern der Strecke manches Neue im Vergleich zu den Bahnbauten früherer Jahre. Sowohl die maschinellen Hilfsmittel wie die praktischen Arbeitsgeräte weisen wesentliche Vervolkommnungen auf. Die fleißige Arbeiterschaft besteht aus einer internationalen Gesellschaft von Italienern, Tschechen, Polen und Deutschen.

 

Meineringhausen, 19. Oktober 1909

Der Bau des Melm-Tunnels ist von der Meineringhäuser Feldseite aus seit 14 Tagen im Gange. Eine Feldbahn bringt die gewonnenen Erdmassen in der Richtung Höringhausen talwärts. Da die gesamte Höhenlage des Bahnkörpers vom Bahnhof Corbach aus um 2 Meter gesteigert ist, wird der Tunnel kürzer werden, als er anfangs projektiert war.

 

 

Corbach, 6. November 1909

Die Eisenbahnarbeiten in der Nähe unserer Stadt werden eifrig betrieben und bieten in ihrer Manichfaltigkeit recht viel des Interessanten. Die Ausschachtungsarbeiten auf der kleinen Hauer gehen durch die Leistungsfähigkeit des Baggers flott von statten. Die hier gewonnenen Erdmassen werden von zwei neuen Lokomotiven mit je 14 – 16 Wagen ins Kuhbachtal gefahren und zum Dammbau verwandt. Um dem Bagger eine ungestörte Weiterarbeit zu sichern, wird jetzt eine provisorische Holzbrücke über die Strother Straße gebaut. Die Maurerarbeiten zu Überführung der beiden Geleise über die Meineringhäuser Chaussee in der Nähe des Schönhard`schen Hauses sind energisch in Angriff genommen, ebenso die Damm-, Durchlaß- und Kanalisationsarbeiten in den Kuhbachwiesen. Auch an der Untermauerung und Sicherung der steilen Abhänge des Bahnkörpers parallel der Meineringhäuser Chaussee wird bereits gearbeitet. Die Tunnelarbeiten am Melm machen gute Fortschritte und sind bis ca. 12 Meter unter der Erde gediehen.

Wie wir hören, sollen die Bahnarbeiten vom Bahnhof Corbach bis zu Müllers Berg bereits bis zum 1. Juli k. J. fertiggestellt werden in Rücksicht auf die Neu- und Umbauten auf dem Bahnhofsterrain. Die Haltestelle Bahnhof Süd kommt auf das Dreieck des Schwalenstöcker`schen Planes in der Richtung des israelitischen Friedhofs. Bemerkt sei, daß die Wildunger und Frankenberger Bahnen selbstständige Geleise bekommen, die bis zu den Kuhbachwiesen parallel laufen und sich dann abzweigen.

An dem Bagger des Bahnbaues verünglückte ein Maschinenwärter dadurch, daß an einer Kette befertigter schwerer Stein zurückschlug und dem

neben der Maschine stehenden Mann ein Bein durchschlug. Der herbeigeholte Arzt ordnete die Überführung ins Krankenhaus an.

 

 

 

Corbach, 11. November 1909

Die Abschätzungs-Kommission taxiert augenblicklich die Gärten und Ländereien in der Umgebung des Bahnhofs ab. Wenn man von den Preisen hört, die bezahlt werden oder wenigstens verlangt werden, dann steht einem der Verstand still. Während in den letzten Jahren im Zentrum der Stadt die Bauplätze mit 4 – 5 Mark das Meter bezahlt sind, verlangt man dort oben in den noch nicht aufgeschlossenen Lagen 7 – 13 Mark. Dabei nirgends ein handgreiflicher Belag zur Begründung dieser Forderungen, die mit den realen Verhältnissen unseres Städtchens in direktem Widerspruch stehen; allgemein schiebt man den in der Luft schwebenden idealischen Wert vor, oder weist auf kleinere unter eigentümlichen Verhältnissen abgeschlossene außergewöhnliche Erwerbungen hin. Wer den eingerissenen Rummel oder besser gesagt das Dilerium im Hypothekenviertel kennt, den wird es weiter nicht Wunder nehmen. Ich befürchte, daß die Ernüchterung auf diese ungesunde Periode nicht lange auf sich warten läßt. Jedoch wird dem Kreis eine ungeheuerliche Schuldenlast aufgebürdet und es ist nicht ausgeschlossen, daß man später ganze Anwesen im Zwangsverkauf billiger kaufen kann, als jetzt die geforderten sogenannten „Entwertungs“-Vergütungen ausmachen.

Hätten unsere Stadtväter kürzlich über ein besseres Begriffsvermögen verfügt, dann könnte wenigstens die Stadt einen großen Nutzen aus dem Wertzuwachs ziehen.

 

Sachsenhausen, 13. November 1909

In der Nähe der Stadt wird zur Loslösung der Erdmassen z. Z. eine Baggermaschine aufgestellt. Man merkt, daß auf der ganzen Baustrecke das ernstliche Bemühen hervortritt, die Bahn so schnell als möglich fertig zu stellen.

 

Höringhausen, 20. November 1909

Die Eisenbahnbrücke über die Landstraße, welche sich hinter dem Dorfe befindet, ist fertiggestellt. Die Bauarbeiten werden sehr gefördert; an verschiedenen Stellen, so im benachbarten Sachsenhausen, sind große Bagger tätig, welche die Erdmassen ausschachten helfen. Die losgehackten Erdmassen finden in dem aufzufüllenden Werbetale wieder Verwendung und zwar befördern verschiedene Lokomotiven die Erdmassen an Ort und Stelle. Der Damm im Werbetale wird eine Höhe von 22 Metern erreichen; der Durchlaß für die Werbe wird ca. 10 Meter breit werden. An verschiedenen Stellen sind Kantinen gebaut worden. -

Die seitherige Endstation unserer Bahnstrecke, die Haltestelle Buhlen, soll zum Bahnhof erweitert werden. Die hierzu erforderlich gewordenen Erdarbeiten sind bereits einem Unternehmer übergeben worden.

 

Sachsenhausen, 16. Dezember 1909

Für die projektierte Eisenbahnbrücke in der Reiherbach beabsichtigt das Bahnbauamt einen Damm aufführen zu lassen. Nur für den Bach und den durch das Tal führenden Weg wird ein Durchlaß bzw. eine Überführung gebaut. –

Der in der Nähe des Gutes Selbach sich befindende Steinbruch soll kein geeignetes Material zum Bahnbau liefern. Die Arbeiten darin sind deshalb eingestellt worden. Einen vorzüglichen Stein liefern die Brüche in der Alrafter und Höringhäuser Gemarkung. Er wird daher zu den Brücken und sonstigen Kunstbauten, die in der Gegend ausgeführt werden, benutzt.

 

 

Corbach, 1. Januar 1910

Zur Beschleunigung der Eisenbahnarbeiten ist in hiesiger Gemarkung ein zweiter Bagger auf der Korbacher Seite des Melm (Tunnel) seitens des Unternehmers in Betrieb gesetzt.

 

Corbach, 2. Januar 1910

Der Bahnbau macht auch im Wintersemester gute Fortschritte. Die Behörde und die Unternehmer sind eifrig bestrebt, den Bau zu beschleunigen. Die besten und modernsten Hilfsmaschinen kommen auf der Strecke zur Anwendung.

 

Corbach, 15. Januar 1910

Wie bereits gemeldet, ist die Firma Grastorf mit der Aufstellung eines zweiten Baggers bei dem projektierten Eisenbahnabschnitt zwischen Corbach und Meineringhausen beschäftigt. Jener Einschnitt, der an die Stelle des von 360 auf 90 Meter reduzierten Tunnels tritt, wird an der tiefsten Stelle 26 Meter Tiefe und am oberen Rande nahezu 60 Meter breite haben. Aus diesem Rieseneinschnitt sind 230 000 Kubikmeter Erdmassen auszuschachten. 17 000 Kubikmeter werden in die Senkung in der Richtung nach Corbach gefördert, während die übrigen Massen zum Bau des Bahnkörpers in der Meineringhäuser Gemarkung und zum Auffüllen des Werbetales Verwendung finden. Die 800 Kubikmeter, die der Bagger täglich zu verarbeiten imstande ist, werden durch drei Züge zum Ort ihrer Bestimmung gebracht. Ein zweiter Bagger, welcher z. Z. noch in der Nähe von Corbach arbeitet, wird später ebenfalls an dem genannten Einschnitt zur Aufstellung kommen. Die Erdarbeiten müssen bis übers Jahr fertiggestellt sein, und heißt es noch sich geregt. Der Tunnelstollen ist bereits 30 Meter getrieben, ebenso hat man auch schon mit dem sogen. Spitzstollen begonnen. Mit der Ausmauerung wird in einiger Zeit der Anfang gemacht. Zunächst müssen die Erdmassen über den Tunnel hinweg gefördert werden; sobald er aber fertig ist und man jenseits eine geeignete Tiefe erreicht hat, wird der bequemere Weg durch ihn eingehalten werden. Der Erdboden des Tunnelschachtes besteht aus einem trockenen Ton, der mit Sandadern abwechselt. Ohne Sprengungen ist er gar nicht zu fördern. Jene Bodenart findet sich fast durchweg vor, nur in unmittelbarer Nähe der Stadt Corbach und am Waldecker Berge treten Kalksteinlager auf, die gleichfalls nur durch Sprengungen zu beseitigen sind.

Corbach, 7. März 1910

(Allerlei vom Bahnbau)

Der auf 90 Meter reduzierte Tunnel am Melm ist hinsichtlich der Erdbewegungen soweit fertiggestellt, daß der Arbeitszug dasselbe passieren kann; die Planierungs-Ausmauerungsarbeiten erfolgen später.

Im Kuhbachtale mußte das Schienengeleise der Bahn Corbach – Frankenberg auf eine Länge von 200 Meter drei Meter nach seitwärts verlegt werden wegen Aufschüttungsarbeiten am Damm der Wildunger Strecke, die vor Abzweigung an der gen. Strecke parallel mit der Frankenberger Bahn läuft.

An dem Durchstich in der Nähe des Strother Weges ist mit Hilfe des Baggers die Erdbewegung von „zwei Etagen“ bewältigt. Zur vollständigen Unterführung der Bahn unter der Strother Straße hindurch ist noch eine 3. und 4. Etage der Ausschachtung nötig.

Der Haltepunkt Corbach-Süd bekommt eine schöne Baustelle gleich rechts des Weges zum israel. Friedhof auf dem Schwalenstöcker`schen Grundstück. Der Bahnhof wird ziemlich geräumig und erhält eine Beamtenwohnung für den Billetverkäufer.

Abgesehen von kleineren Unfällen sind alle Arbeiten gut verlaufen.

 

Corbach, 10. März 1910

Der Bahnbau, der uns schon durch so manches Wunder modernenr Technik in Staunen gesetzt hat, wie durch den Löffelbagger und Erdbohrer, nimmt in diesen Tagen unsere Aufmerksamkeit aufs neue in Anspruch beim Aufbau der Eisenbahnbrücke über die Meineringhäuser Straße. Die Brücke besteht aus vier schweren Blechträgern mit einem durchschnittlichen Gewicht von je 300 – 400 Zentnern, welche von fünf Mann mittels Kabelwinde in der unglaublich kurzen Zeit von etwa einer Stunde in die Höhe gebracht werden. Der leitende Monteur führt sein schwieriges Werk mit einer erstaunlichen Ruhe und Sicherheit aus. In vollem Umfange flutet ein lebhafter Straßenverkehr zwischen den Brückenmauern hin und her. Unter dem schwebenden Koloß sausen Kraftwagen und Fahrräder, rollen Gespanne, fahren Lastwagen, strömen Menschenscharen – wie alltäglich ohne Aufenthalt und ohne die geringste Störung. Der Bau der Eisenbahnbrücke wird ausgeführt von der Brückenbauanstalt Johannes Dörnen aus Derne bei Dortmund.

 

Meineringhausen, 26. Juli 1910

Die schwierigen Arbeiten, die das kleine Melmtunnel infolge Wasser-Einbruchs und gemischter Formation verursachte, sind erledigt und die Durchfahrt hergestellt. Die Arbeiten bei Höringhausen gehen flotter von statten; das dort vorkommende Sandsteingeröll läßt sich vorteilhaft und bequem durch den Bagger bewegen.

Die in einem anderen Blatte verschiedentlich von hier aus veröffentlichten nächtlichen Einbrüche sind nicht tragisch zu nehmen. Es handelt sich dabei um fremde Arbeiter, die an den Lohntagen des Guten zu viel tun, beim Aufsuchen ihrer Schlafstellen in fremde Wohnungen geraten und nächtlichen Spuk verursachen.

 

Corbach, 20. August 1910

Die neue Eisenbahnlinie Corbach- Wildungen erfordert bekanntlich infolge des schwierigen Terrains und im Interesse der Sicherheit der Strecke außergewöhnliche Anforderungen an Brücken, Unterführungen usw. Die bedeutensten derartigen Bauwerke sind an der Eder, Werbe und Reiherbach nötig. Aber auch in der Nähe unserer Stadt werden, abgesehen von der Zufuhrbrücken zum Güterbahnhof, 4 weitere Brücken gebaut; zwei derselben bedingt die Verlegung der Corbach – Berndorfer Staatsstraße vom Happe`schen Hause bis oberhalb des Kornhauses. Eine kleinere Brücke über den Kuhbach, in der Nähe des Zimmerplatzes, geht der Vollendung entgegen; eine große Brücke zur Unterführung der gen. Straße unter den Bahnkörper bei der Nudelfabrik und Gärtnerei ist bereits fertiggestellt und präsentiert sich in ihrer soliden, schönen Bauart aufs Vorteilhafteste. Der Weg erhält durchweg eine ziemlich horizontale Lage. Eine dritte Brücke, die den Weg an Hanskaspers Bergwerk über den Bahnkörper hinweg mit dem bestehenden Weg der Feldmark verbindet, ist im Bau und erfordert infolge der stattlichen Breite des zu überbauenden Bahnkörpers einen Kostenpunkt von ca. 40 000 Mark. Ein großer, durch Beton gefestigter Bogen überspannt den Schienenstrang, auf den unteren Bogen stützt sich ein 5-bogiges zeites Gewölbe. Die vierte Brücke wird demnächst über die Strother Straße gebaut. Diese Anlage überbrückt nur den ziemlich schmalen Weg und kann durch Schienen billiger hergestellt werden.

 

Corbach, 8. September 1910

Am Montag nachmittag passierte auf der Baustrecke der Eisenbahn Corbach – Buhlen, in der Nähe von Meineringhausen ein bedauerlicher Unglücksfall. Ein 22 Jahre alter kroatischer Arbeiter, ein braver Mensch, der hier schon seit Beginn des Baues vom Unternehmer Grastorf beschäftigt ist, fiel bei der Erdbewegung von dem Arbeitszug, wurde überfahren und so gräßlich zermalmt, daß fast kein Teil des Körpers unverletzt blieb. Der Tod trat sofort ein. Das Amtsgericht Corbach untersuchte am Dienstag den Fall an Ort und Stelle. Wie verlautet, ist das Unglück durch zu rasches Fahren des Lokomotivführers verursacht. Die Beerdigung erfolgte am Mittwoch nachmittag auf dem Meineringhäuser Friedhofe.

 

Corbach, 15. September 1910

Im Gebiete der Eisenbahnstrecke Buhlen – Corbach findet am Sonnabend der letzte Enteignungstermin in der Nähe des hiesigen Bahnhofs statt. Dem Vernehmen nach soll jetzt die Verlegung der Berndorfer Chaussee in der Weise vor sich gehen, daß das Gelände der Welteke`schen Fabrik ziemlich verschont bleibt, dagegen wird fast der gesamte Jutzi`sche Garten in Anspruch genommen.

 

Meineringhausen, 4. Oktober 1910

Das Melmtunnel macht außergewöhnlich viel Arbeit. Zuerst boten die Wassereinbrüche und die verschiedenartigenFormationen Schwierigkeiten, jetzt ist starker Fels zu beseitigen. Zur Durchfuhr der Arbeitswagen ist wohl Platz geschaffen, aber bis zur Vollendung wird noch manches zu erledigen sein. Eine sehr schöne, massive Brücke verbindet den Feldweg von der Chaussee zur Corbacher Warte.

 

Meineringhausen, 7. Oktober 1910

Der Artikel in Nr. 18 dieser Zeitung bedarf einer Berichtigung. Daß der Melmtunnel große Schwierigkeiten bot, gebe ich zu; aber das Felsen zu beseitigen gewesen wären, ist vollständig erfunden. Vielmehr bestand der Inhalt des Tunnels aus Ton. Außerdem ist das Deckengewölbe völlig fertiggestellt.

 

Corbach, 22. Oktober 1910

Die Eisenbahn-Unterführung unter der Strother Straße ist jetzt in Angriff genommen. Die Passage des Weges wird durch eine Einbuchtung aufrecht erhalten. Die Fundamentierungs-Arbeiten sind durch hervortretendes Wasser etwas umständlicher geworden. Die beiden Eisenbahn-Geleise werden eine Brücke erhalten, die auf Eisenträgern ruht.

 

Corbach, 27. Oktober 1910

Die Eisenbahnbehörde sorgt bei dem Bahnbau Corbach-Buhlen in nobler Weise für gute Wege-Verbindungen in der Feldmark. In der Nähe der Stadt sind verschiedene stabile und schöne Brücken gebaut, ebenso vom Meineringhäuser Wege nach der Warte und jetzt ist eine dreibogige Brücke über den Bahnkörper bei Rocks Kalkofen für einige Grundstücke fertiggestellt.

 

Meineringhausen, 1. November 1910

Nach dem ersten Projekte war für die hiesige Gemarkumg ein Bahndamm in geringer Höhe notwendig, sodaß die durch den Damm überschrittenen Wege zum Teil durch Zusammenlegung mehrerer verschwinden, die übrigen aber über das Gleis gelegt wurden. Daher kam es, daß auf der ganzen Strecke von der Höringhäuser Grenze bis zum Tunnel, sozusagen in der ganzen Gemarkung, sich nur eine Brücke befindet.

Durch Veränderung jenes Projektes hat der Damm eine ganz bedeutende Höhe an einzelnen Stellen erreicht, wodurch die Durchführung der Wege unter dem Damm ins Bereich der Möglichkeit gekommen ist. Da er seitens der Interessenten gewünscht und auch von dem Bahnbauamt im Verkehrsinteresse als zweckmäßig erachtet wurde, wird nun noch beabsichtigt, die Wegeüberschreitungen zum Teil wieder zu beseitigen und die Weg unter dem Schienenstrang her zu legen. Die definitive Entscheidung ist, wie man vernimmt, noch nicht eingetroffen, und aber sicher nicht mehr lange auf sich warten lassen.

 

Meineringhausen, 30. Dezember 1910

Auf dem hiesigen Bahnhofe entgleisten einige Wagen eines Arbeiterzuges und wurden größtenteils zertrümmert. Daselbst ist kürzlich eine Weiche gebaut worden, damit sich die Züge kreuzen können. Die Arbeit geht infolgedessen viel schneller von statten. Allem Anschein nach kann die Bahn im nächsten Herbst noch nicht eröffnet werden. Die Schwierigkeiten, die der Melm bietet, sind zu groß.

 

Corbach, 9. Januar 1911

Am gestrigen Nachmittag gegen 5 Uhr kam der am Bahnbau – auf dem Melm – beschäftigte italienische Arbeiter Guiseppe Scaggion unter einen Kippkarren, wobei ihm ein Bein abgefahren wurde. Nachdem ein Notverband angelegt, wurde er mittelst eines Schlittens zum Korbacher Krankenhaus tranportiert. Unterwegs ist derselbe bereits verstorben, ohne daß der Leiter des Fuhrwerks und die Begleiter etwas hiervon bemerkt haben.

 

Meineringhausen, 17. Januar 1911

Ein beim Bahnbau beschäftigt gewesener Arbeiter wurde gestern früh tot im Bette aufgefunden. Er hatte sich am Abend vorher sinnlos betrunken; es ist daher mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß Alkoholvergiftung den Tod herbergeführt hat. Heute wurde er auf dem hiesigen Friedhof beerdigt. Seine Heimat war Böhmen.

 

Corbach, 5. Februar 1911

Ein bedauerlicher Unglücksfall ist wiederum auf der Eisenbahn-Neubaustrecke, in der Nähe des Melms, vorgekommen. Ein Arbeiter (Rheinländer) wollte am Montag auf die Lokomotive springen; er glitt ab, kam mit dem Fuß unter die Maschine und erlitt derartige Verletzungen am Knöchel, daß der Fuß amputiert werden mußte. Der Verletzte wurde gleich in das hiesige Krankenhaus gebracht.

 

Corbach, 8. Februar 1911

Ein besonderes Verhängnis schwebt über den Eisenbahn-Arbeiten auf dem Melm (Erhöhung zwischen Meineringhausen und Corbach). Der Durchstich und die Tunnel-Arbeiten boten eine Menge unvorhergesehener Hindernisse und Schwierigkeiten infolge Wassereinbruchs, ungünstiger Formationen u. a. m.. Seit geraumer Zeit ist man auf eine äußerst feste Felsenmasse gestoßen. Die beiden Bagger sind invalide geworden, und die Arbeiten können nur durch stete Sprengschüsse einigen Fortgang erfahren. Der Betrieb ruhte einige Tage, da die Eisenbahn-Behörde erst Einsicht von den Zuständen nehmen und die Nachforderungen des Unternehmens prüfen mußte. Es waren in letzter Zeit nur einige Arbeiter mit Schießen beschäftigt. Leider hat sich am Montag zu den bereits vorgekommenen  4 – 5 Unglücksfällen ein neues Unglück hinzugesellt.

Ein gelegter Schuß kam nicht zur Explosion. Zwei auswärtige Arbeiter gingen schließlich hinzu, um die Ursache zu ergründen. In diesem Augenblick ging der Schuß los und verletzte einen der Leute in gräßlicher Weise: ein Auge flog aus dem Kopf, das Gesicht wurde schwer verletzt und das Bein demoliert. Der zweite Arbeiter, mit Namen Stefan Kuttlar, erlitt einen Beinbruch und nur leichte Verletzungen. Es wurde sofort um ärztliche Hilfe telephoniert, leider waren die Corbacher Ärzte auswärts beschäftigt. Herr Dr. Hartwig erhielt die Nachricht in Thalitter und hatte gerade noch Zeit, den 4 Uhr-Zug zu benutzen. Die Verletzten wurden ins hiesige Krankenhaus gebracht; hier mußte dem am schwersten Verwundeten ein Bein amputiert werden. Heute morgen ist derselbe von seinen Leiden durch einen sanften Tod erlöst. Kuttlar wird wieder hergestellt werden.

Wie uns mitgeteilt wird, sind sämtliche Unglücksfälle Montags passiert.

 

Corbach, 10. Februar 1911

Der auf dem Melm verunglückte und im hiesigen Krankenhaus gestorbene Italiener Franzisko Artruini ist heute zur letzten Ruhe bestattet worden. –

Der zweite verunglückte, aus der Provimz Posen gebürtige Arbeiter Kuttlar befindet sich auf dem Wege der Besserung.

 

Corbach, 26. Februar 1911

Dem Vernehmen nach sollen der Stadt Corbach von den 300.000 Mark Grunderwerbskosten, die die kurze Strecke der Bahn Buhlen – Corbach im Eisenberger Kreis verursacht, 100.000 Mark auferlegt werden. Etwas gelinder wird wohl die Sache ausfallen; denn man kann es den Kreisvorstandsmitgliedern nicht verargen, wenn sie ihre Bezirke, die von der Bahn wenig Nutzen haben, zu entlasten versuchen. Jetzt sieht man erst, welche Mehrkosten dem Staat, dem Kreis und der Gemeinde Corbach aufgehalst sind, durch Verlegung der Strecke aus dem Strother Felde über das Kuhbach- Territorium und nach dem Gutshofe Meineringhausen. Der Staat verbaut über ½ Million mehr, Kreis und Stadt erwachsen mindestens 100.000 Mark Mehrkosten, als die Strecke über Strothe verursacht hätte.

 

Pfarrer i. R. Dr. Karl Krummel schrieb zu diesem Thema folgendes:

 

Der Bahnhof Meineringhausen schien einmal ernstlich in Frage gestellt zu sein; denn es war die Rede davon, dass die Strecke von Höringhausen her, das ja als ehemals preußischer Ort auf jeden Fall berührt werden sollte, jenseits von Strothe laufen sollte. Angeblich deswegen, weil so der Bahnhof Corbach besser erreicht werden könnte. Angesichts dieser Tatsache wurde man in Meineringhausen lebendig. Man sammelte Unterschriften für den Baudes Bahnhofs in der Nähe von Meineringhausen, nicht nur im Ort selbst, sondern man interessierte auch benachbarte Gemeinden, also Alraft und Oberwerbe, für das, was ihnen gegebenenfalls auch nützen könnte, also den Bahnhof bei Meineringhausen. Alle Mühe wurde mit Erfolg gekrönt.

 

Corbach, 8. März 1911

An der Neubaustrecke der Eisenbahn Corbach – Wildungen , zwischen dem Strother Wege und der Brücke bei Hanskaspers Bergwerk, sind wesentliche Rutschungen vorgekommen. Eine gößere Anzahl Kubikmeter des Dammes haben sich losgelöst und teilweise den Schienenstrang des Arbeitszuges sowie den Bahnkörper überschüttet. In der Nähe des Strother Weges bereitet noch immer das einbrechende Wasser Hindernisse.

 

Meineringhausen, 8. März 1911

Für hiesigen Bahnhof ist ein abessinischer Brunnen angelegt, der bei einer Tiefe von 26 Meter ergiebiges Wasser liefert. Eine gleiche Anlage befindet sich auf dem Bahnhof Waldeck; die Anbohrung ging durch Felsengeklüft und führte erst nach 30 Meter Tiefe zum gewünschten Resultat.

 

Meineringhausen, 24. Mai 1911

Die Arbeiten auf dem Melm, dem “Schmerzenskind“ der Eisenbahn-Strecke Corbach – Waldeck, werden seit einiger Zeit wieder energisch betrieben, sodaß eine beschleunigte Fertigstellung der Strecke in Aussicht steht. Die Zwischenbahnhöfe der Strecke sind im Rohbau ziemlich fertiggestellt.

 

 

Meineringhausen, 14. Juni 1911

Ende voriger Woche waren am Melm-Tunnel die Arbeiter mit Erdbewegung beschäftigt, plötzlich wich das Erdreich unter ihren Füßen, und 2 Mann wurden vollständig verschüttet. Mit vereinten Kräften gelang es, die Totgeglaubten zu retten. Einer war durch Abschürfungen leicht, der andere am Kopf stärker verletzt. Als man die Ursache ergründen wollte, fand man einen alten Stollen.

 

Meineringhausen, 11. August 1911

Der Bahnbau auf dem Melm macht gute Fortschritte.

Nachdem man lange Zeit gewaltige Felsen durchbrochen hatte, ist man jetzt wieder auf Tonboden gestoßen, der ein leichteres und schnelleres Ausschachten ermöglicht. Mann will möglichst schnell und so tief kommen, daß das Abfahren der Züge durch den Tunnel geschehen kann, damit der große Umweg der Straße entlang vermieden wird. Das Portal auf der einen Seite des Tunnels ist vor einiger Zeit fertiggestellt worden. Es steht dicht vor der Straße. Die Erde, die noch auszuschachten war, ist zur Anlage der Böschungen verwendet worden. Das Bahnhofsgebäude ist im Rohbau fertig.

 

Meineringhausen, 31. August 1911

Morgen früh um 6 Uhr wird zum ersten Male die Bahn Corbach – Frankenberg die verlegte Strecke bei der Stadt und dem neuen Bahnhof Corbach – Süd berühren. Die Arbeiten am Hauptbahnhof können nun ungestört ausgeführt werden. Die Vollendung der Bahnstrecke Waldeck – Corbach wird beschleunigt; die Bahnhöfe sind hoch und der Oberbau streckenweise in Ordnung.

Das Schmerzenskind der Strecke, der Melm, birgt immer noch über 100.000 Cubikmeter Boden, der durch zahlreiche Handarbeiter und einem Bagger von beiden Seiten des kleinen Tunnels energisch bearbeitet wird. Die Eröffnung der Gesamtstrecke Corbach – Waldeck  ( Waldeck – Buhlen – Bad Wildungen ist bereits früher eröffnet ) erfolgt voraussichtlich am 1. April 1912

Corbach, 12. September 1911

Die Hauptarbeiten für die schwierige Bahnstrecke Corbach – Waldeck gehen ihrer Vollendung entgegen.  Die Bahnhöfe Corbach – Süd, Meineringhausen, Höringhausen, Sachsenhausen, Netze und Waldeck, sowie die Haltestellen Netzer Tiergarten und Selbach sind hoch. Das schönste und umfangreichste Bauwerk der Strecke, welche in 7 Bogen, 28 Meter hoch, das Reiherbachtal überbrückt, ist so weit gediehen, daß nur noch ein Teil des Geländers und der oberen Abdeckung im Rückstande bleibt. Auch die anderen Brücken und Durchlässe präsentieren sich in sauberer, solider Arbeit; die Hochbauten tragen dem Landschaftsbilde Rechnung. Teilweise sieht man bereits den fertigen Oberbau, an anderen Stellen machen noch Erdbewegung und Dammbefestigungen Schwierigkeiten. Der Bau des Hauptbahnhofs in Corbach wird recht beschleunigt, sodaß am 1. April 1912 der Eröffnung der neuen Strecke nichts im Wege steht.

 

Meineringhausen, 1. Oktober 1911

Am Melm, wo kürzlich die Durchfahrt durch den Tunnel freigelegt worden ist, mußte der Betrieb für einige Zeit eingestellt werden, da beim Sprengen der Kessel des Baggers Schaden gelitten hat. Seit Mittwoch wird Tag und Nacht im Einschnitt gearbeitet. Man gedenkt, im April nächsten Jahres, sofern das Wetter günstig ist, fertig zu werden.

Die langwierigen, schweren Eisenbahn-Arbeiten am Melm haben gar manche Unfälle im Gefolge gehabt. Vor einigen Tagen wurde wieder ein Arbeiter im Tunnel so stark gequetscht, daß der eine Arm im Corbacher Krankenhaus amputiert werden mußte.

 

Sachsenhausen, 24 November 1911

Im vergangenen Frühjahr trug man sich mit dem Gedanken, die Eisenbahnstrecke Waldeck - Höringhausen am 1. Dezember des Jahres zu eröffnen. Leider war diese Hoffnung trügerisch. Viele Schwierigkeiten haben sich dem Bau entgegengestellt, so waren an der Reiherbachbrücke gewaltige Erdmassen zu bewegen, und dann hatte man mit Wassermassen zu kämpfen, welche durch 2 Laufgräben aus Beton nunmehr ihren Abfluß finden. Diese zeitraubenden Arbeiten haben erst vor 14 Tagen ihren Abschluß gefunden. Inzwischen war die Reiherbachbrücke fertiggestellt. Nach kurzer Zeit stellte sich jedoch heraus, daß einer der 30 Meter hohen Pfeiler sich gesetzt hatte. Nun galt es, auch dieses Mißgeschick zu beseitigen, was zeitraubend war und die Fortführung der Eisenbahnstrecke behinderte. Jetzt konnte der Weiterbau in Angriff genommen werden, und so hofft man, daß bis zum 1. April die Strecke Sachsenhausen – Höringhausen, wenn die Witterungsverhältnisse keinen Strich durch die Rechnung machen, eröffnet werden kann. Dann wird es wohl auch nicht mehr lange dauern, daß die Strecke bis Corbach dem Verkehr übergeben werden kann.

 

Sachsenhausen, 5. Dezember 1911

Bis zum 1. Mai wird die Bahn voraussichtlich bis Höringhausen, bei günstiger Witterung während des Winters sogar schon bis Corbach, in Betrieb genommen werden. Der gewaltige Damm, der das Werbetal anfüllt, hat nahezu seine erforderliche Höhe erreicht; trotzdem stecken aber in dem Melmeinschnitt, dessen Erdmassen zum Werbedamm verwandt werden, noch einige hundert Cubikmeter Erde, die nach Corbach zu am Bahndamm angetragen werden sollen.

Der zweite Bagger im Einschnitt, der von Felsen umgeben die Arbeit im vorigen Herbst einstellen mußte, ist jetzt bloßgelegt und wieder in Tätigkeit gesetzt worden.

 

Meineringhausen, 12. Januar 1912

Die Bahnarbeiten am Melm schreiten rüstig voran. Aber trotzdem bleibt noch viel zu tun. Der Unternehmer Grastorf hat sich deshalb veranlaßt gesehen, wieder, wie auch im Herbst, die Nachtarbeit einzurichten, die man in den letzten Wochen aufgegeben hatte. Der große Damm im Werbetal ist nahezu fertiggestellt. Es bedarf nur einiger Ausgleichungen. Wo das am Melm noch übrige Material bleiben soll, ist noch nicht entschieden.

 

Meineringhausen, 20. März 1912

An dem Melmeinschnitt wird wieder des nachts gearbeitet. Man ist doch jetzt darauf bedacht, die Vollendung der Bahn möglichst zu beschleunigen. Von Höringhausen bis zum hiesigen Bahnhof soll jetzt mit dem Legen der Packung begonnen werden. Dann wird man wohl auch bald den Oberbau herstellen. Der Melmeinschnitt ist, wenn keine weiteren Einstürze erfolgen, in absehbarer Zeit fertiggestellt.

 

Corbach, 10. Mai 1912

Am 22. Mai findet die landespolizeiliche Abnahme der Bahnstrecke Corbach – Waldeck statt. Es werden daran teilnehmen der Herr Landesdirektor Präsident von Glasenapp und mehrere Herren von der Königlichen Eisenbahndirektion Cassel. Der Zug setzt sich von Corbach aus in Bewegung und wird gegen ½ 12 Uhr mittags in Waldeck eintreffen. Die Gemeinden können bei dieser Gelegenheit durch ihre Vertreter noch etwaige Wünsche zum Ausdruck bringen. Die Neubaustrecke wird voraussichtlich am 1. Juni dem Betriebe übergeben.

 

Corbach, 12 Mai 1912

Am 1. Juni wird die normalspurige Bahnstrecke Waldeck – Corbach (Teilstrecke der Nebenbahn Bad Wildungen – Corbach) als Nebenbahn mit den Bahnhöfen 4. Kl. Netze, Sachsenhausen (Waldeck), Höringhausen und Meineringhausen sowie dem Haltepunkt Selbach für den Personen-, Güter- und Gepäckverkehr eröffnet. Der Haltepunkt Selbach dient nur dem Personenverkehr. Der bereits bestehende Haltepunkt Corbach – Süd dient vom Tage der Inbetriebnahme der neuen Strecke dem Personenverkehr der Strecken Warburg – Frankenberg und Corbach – Waldeck. Alle Bahnhöfe mit Ausnahme von Meineringhausen erhalten eine feste Rampe für Kopf-und Seitenverladung. Die neue Bahnstrecke wird dem Betriebsamt Corbach, dem Maschinenamt Warburg sowie dem Verkehrs-und Werkstättenamt Cassel zugeteilt.

 

Corbach, 4. Juni 1912

Die so sehnlich erwartete Eröffnung der Bahn Corbach – Buhlen hat nun wirklich stattgefunden.. Die Wagen des Dampfrosses haben die ersten Passagiere hinüber und herüber getragen und die Strecke hat „dunne“ gehalten, es ist nichts passiert, und selbst ängstliche Gemüter werden es wohl nun auch riskieren, über die Reiherbachbrücke hinüberzufahren. Mancher biedere Einwohner wird nunmehr Gelegenheit finden, die Landsleute am anderen Pol kennen zu lernen. Gibt es doch nur wenige Wildunger und Corbacher, die schon die Bekanntschaft mit dem Städtchen des anderen gemacht haben. Leider ist das neue Empfangsgebäude noch nicht fertiggestellt, und man muß sich noch einige Zeit mit den durch den Neubau bedingten ungemütlichen Zuständen am alten Bahnhof abfinden. Sehr weit von der Vollendung scheinen die Gebäude nicht mehr zu sein. Die Anstreicher sind schon darin und von außen ist es verputzt. Anspruch auf besondere Schönheit kann das neue Empfangsgebäude nicht machen. Gar mancher schüttelt den Kopf ob solchen Geschmacks. Man hat den Eindruck, daß die Baugelder „alle“ geworden seien und deshalb überall etwas geknappt wurde. Der Anbau hätte entschieden höher sein müssen. Der Unterbau und das obere Stockwerk sind zu niedrig; sodaß das Gebäude vom Gasthof zum Fürsten von Waldeck vollständig erdrückt wird. Der spitze Giebel zwischen dem Anbau und dem Turm ohne jeden Übergang zu dem letzteren mutet einem gar seltsam an. Der Raum zwischen dem Empfangsgebäude und dem Hotel gegenüber ist für den hoffentlich starken zukünftigen Verkehr wenig geräumig. So findet denn auch der Bahnhofsneubau wenig Anklang im Publikum, das schon allerhand Bezeichnungen für das Empfangsgebäude erfunden hat, Bezeichnungen, welche auf alle möglichen anderen Zwecke als den einer Verkehrseinrichtung schließen lassen. Dagegen gefallen die anderen Bahnhöfe an der neuen Strecke, so auch der Südbahnhof in Corbach selbst, erheblich besser. An diesen kleinen Stationsgebäuden ist sehr viel Geschmack entwickelt. Schade, daß davon auf den Hauptbahnhof nicht etwas abgefallen ist. Nun ist er einmal gebaut und muß so verbraucht werden.

 

 

 

 

Meineringhausen, 21. Oktober 1912

(Die Arbeiten am Melm)

Wie vorauszusehen war, macht auch jetzt der Melmeinschnitt zwischen hier und Corbach noch immer Schwierigkeiten. Das liegt an der Zusammensetzung des Berges, der unten aus Ton und oben aus Felsen besteht. Diese drücken nun fortwährend auf die darunter liegenden Erdmassen und bewirken so Rutschungen. Jetzt ist man damit beschäftigt, den Einschnitt in der Nähe des Tunnels, der am meisten gefährdeten Stelle, oben zu verbreitern. Täglich verkehrt ein Arbeitszug, der die losgelösten Steine fortfährt. Die Arbeiten werden vom Unternehmer Rohde, Corbach, ausgeführt.

 

Corbach, 30. Oktober 1912

(Einsturz am Melm)

Der Melm, das Schmerzenskind der Bahnstrecke Corbach – Bad Wildungen, hat gestern mit einer neuen Überraschung aufgewartet. Für den Eingeweihten war es freilich keine Überraschung, denn man hat sich nachgerade daran gewöhnt, die Befestigungs-und Schutzarbeiten an diesem Punkte als nutzlos zu betrachten. Durch die anhaltenden Regengüsse der letzten Wochen hat sich das Erdreich jedenfalls gelockert und so erfolgte gestern vormittag ein umfangreicher Böschungssturz, der die Gleise auf größere Entfernung verschüttete. Der Zug-Verkehr auf der frequentierten Strecke erleidet dadurch eine erhebliche Störung. Mit den Aufräumungsarbeiten wurde sofort begonnen. Glücklicherweise ist bei dem Einsturz niemand verletzt worden.

Wir erhalten zu dem Unfall noch folgende amtliche Meldung: Infolge eines Böschungsturzes zwischen den Bahnhöfen Corbach und Meineringhausen der Strecke Corbach – Wabern, ist der Zugverkehr unterbrochen. Der Personenverkehr wird an der Einsturzstelle durch Umsteigen aufrecht erhalten.

 

Corbach, 31. Oktober 1912

(Neue Einstürze am Melm)

Im Laufe des gestrigen Tages sind noch weitere Erd-und Gesteinsmassen an der ersten Unfallstelle nachgestürzt. Die Straße von hier nach Meineringhausen wurde deshalb gesperrt. Die Fuhrwerke, die nach Meineringhausen wollen, müssen nun den weiten Umweg über Strothe machen, ein Übelstand, der im Interesse unserer Landwirte hoffentlich recht bald behoben wird.

 

Die heutige Bundesstraße 251 hatte im Bereich des Melm einen anderen Verlauf. Sie führte dicht an der Böschung des Melm-Einschnitts vorbei. Weil die Gefahr weiterer Einstürze bestand, wurde die Straße kurzzeitig gesperrt.

 

Corbach, 4. November 1912

(Aufgehobene Straßensperre)

Nachdem die gefährdete Straße am Melm auf die Hälfte durch einen Zaun beschränkt und für die Nacht durch Beleuchtung kenntlich gemacht ist, wurde die Straßensperre wieder aufgehoben. Die Fuhrwerksbesitzer dürfen die Stelle aber nur mit größter Vorsicht passieren.

 

Corbach, 6. November 1912

(Vom Melmtunnel)

Wie gefahrvoll sich die Arbeiten am Melmtunnel gestalten, beweist ein Vorgang, der dieser Tage leicht ein großes Unglück heraufbeschwören konnte.

Ein Güterwagen, der mit Kohlenschlacke zur Beschotterung der Wege beladen war, geriet vom Melm aus ins Rollen, sauste mit großer Geschwindigkeit auf dem abschüssigen Gleise durch Station Meineringhausen hindurch und kam erst bei der Steigung kurz vor Höringhausen zum Stehen. Zwei Minuten vorher hatte der 5-Uhr-Zug nach Bad Wildungen die Strecke passiert. Wäre der Wagen also nur um ein weniges früher in Bewegung geraten, dann wäre ein folgenschwerer Zusammenstoß unvermeidlich gewesen.

 

Meineringhausen, 12. November 1912

(Vom Melm)

Die Aufräumungsarbeiten an der Einsturzstelle der Bahnstrecke am Melm sind noch immer nicht aufgenommen worden. Wahrscheinlich wird die Strecke noch bis zum Frühjahr so liegen bleiben. Um den Reisenden das Umsteigen noch mehr zu erleichtern, hat die Eisenbahnverwaltung die Absicht, das große Auto des „Hotel Fürstenhof“ in Bad Wildungen zu mieten. Das würde neben der größeren Bequemlichkeit für die Reisenden billiger sein, und der Aufenthalt würde dadurch beträchtlich abgekürzt werden können.

 

Corbach, 19. November 1912

(Der Böschungseinsturz am Melm)

Von der königlichen Eisenbahndirektion Cassel geht uns folgende Mitteilung zu:

Die Aufräumungsarbeiten haben bereits begonnen, die Strecke wird voraussichtlich noch vor Weihnachten wieder betriebsfähig sein.

 

Corbach, 11. Dezember 1912

 (Neue Einstürze am Melm)

Wie wir soeben erfahren, sind in der vergangenen Nacht am Melm von der der alten Einsturzstelle gegenüberliegenden Böschung größere Gesteins-und Erdmassen eingestürzt. Die zum Transport der alten Schuttmassen bereitstehenden Kippwagen wurden zum Teil verschüttet.

 

Corbach, 9. Januar 1913

(Der Melm)

Wann die Durchfahrt durch den Melmeinschnitt wieder möglich sein wird, das ist in unbestimmte Ferne gerückt. Jetzt sind auch auf der nach hier liegenden Seite des Tunnels größere Erdmassen heruntergestürzt, die erst wieder beseitigt werden mußten, damit der Verkehr des Arbeitszuges nicht lahm gelegt wurde. An den gefährdeten Stellen werden zum Schutze mehrere Meter hohe Mauern errichtet. Die Böschungen sollen 200 Meter weit auf beiden Seiten bedeutend verflacht werden. Infolgedessen ist eine Verlegung der Landstraße von hier nach Corbach notwendig. Alle diese Arbeiten werden noch lange Zeit dauern.

Auch in der Nähe von Sachsenhausen ist ein Stück Böschung heruntergestürzt, jedoch so, daß der Verkehr nicht gestört wurde. Mit Hilfe des Arbeitszuges wurden die Erdmassen beseitigt. Auch von anderen Seiten kommen noch Meldungen über Rutschungen des Bahnkörpers. Glücklicherweise sind die Schäden nicht groß, sodaß die Züge immer noch durchfahren können. Das nasse Wetter der letzten Monate hat den verhältnismäßig noch neuen Bahnanlagen entschieden sehr geschadet.

 

Corbach, 16. Januar 1913

(Amtliche Meldung)

Heute morgen wurde mit Zug 432 ab Corbach

4.33 Uhr der Betrieb der Strecke Corbach – Bad Wildungen in vollem Umfange wieder aufgenommen. Rutschungen zwischen den Bahnhöfen Corbach – Meineringhausen beseitigt.

 

Meineringhausen, 29. Januar 1913

(Der Melm)

Am Melm sieht es immer noch gefährlich aus. Seit einiger Zeit verkehren die Züge wieder. Die Einsturzstelle sowie der Tunnel werden mit größter Vorsicht befahren. An der Haupteinsturzstelle an der Corbacher Seite des Tunnels werden rechts und links überaus starke Mauern aufgeführt, die enormes Geld kosten. An einer Stelle ist die Gefahr eines neuen Einsturzes noch nicht ganz abgewendet. Der gesamte Einschnitt soll bedeutend erweitert werden. Am Freitag findet eine landespolizeiliche Prüfung der Planänderung am Melm-Einschnitt statt.

 

Meineringhausen, 17. März 1913

(Vom Melm)

Am Melm-Einschnitt wird jetzt wieder tüchtig gearbeitet. Der Einschnitt soll an der Corbacher Seite vom Tunnel aus 200 Meter weit oben bedeutend verbreitert werden, damit weiteren Einstürzen vorgebeugt wird. Auch jetzt lösen sich noch fortwährend Stücke von der Böschung los. Aber die Mauern zu beiden Seiten des Gleises sind schon soweit fertiggestellt, daß die Erdmassen nicht auf die Schienen fallen können. Infolgedessen können die Züge ohne Aufenthalt durchfahren. Durch die Verbreiterung des Einschnittes wird die Verlegung der Corbacher Straße notwendig. Alle Arbeiten werden noch viel Zeit in Anspruch nehmen. Ausgeführt werden sie von dem Bauunternehmer Grastorf aus Cassel.

Meineringhausen, 22. März 1913

Die Kantine am Melm ist in der vergangenen Nacht vollständig niedergebrannt.

 

Meineringhausen, 3. April 1913

(Vom Melm)

Zu dem Mauereinsturz auf der Bahnstrecke Wabern – Corbach wird noch folgendes gemeldet: Der Einsturz erfolgte gestern nachmittags 4 Uhr. Es handelt sich um die neue Stützmauer links der Bahn am westlichen Voreinschnitt des neuen Tunnels der Strecke nach Wildungen. Das Mauerwerk ist bis zum Tunnelportal eingerissen. Der Betrieb ist voraussichtlich auf zehn Tage gesperrt. Der Verkehr wird durch Umsteigen aufrecht erhalten. Reisende und Gepäck werden über die Unfallstelle vermittels Fuhrwerk befördert. Menschen sind bei dem Einsturz nicht verletzt worden.

 

Corbach, 10. Mai 1913

Seitens des Eisenbahn-Betriebsamtes geht uns die Meldung zu, daß der Betrieb auf der Strecke Wildungen – Corbach in beschränktem Maße wieder aufgenommen wird, dergestalt, daß die Personenzüge durch den Melmtunnel zwischen Corbach und Meineringhausen wieder hindurchgeführt werden. Die Güterzüge müssen bis auf weiteres wegen der noch auszuführenden Arbeiten zwischen Corbach und Meineringhausen ausfallen und werden deshalb wie bisher verkehren.